Taroudant, eine Fahrradstadt in Westafrika
Ein altes Stadttor mit zwei engen Toren muss passieren, wer nach Taroudant will. Dahinter öffnet sich ein Platz mit Bänken, die in den milden Abendstunden alle voll sind. Alt und jung flaniert und genießt den Frieden der Stadt. Taroudant ist auch in Marokko eine Besonderheit. Die Pferdekutschen geben dem Verkehr ihr Tempo von knapp 20 Stundenkilometer.
Nicht nur Touristen sondern auch viele Einheimische nehmen die kleinen Droschken. Zwischen ihnen schlängeln sich viele Fahrradfahrer und Fahrrerinnen durch die Gassen der Altstadt. Auch einige Motorräder und Autos teilen sich die Straße, aber das Fahrrad dominiert zu manchen Tageszeiten und ist immer präsent. Wie in Europa, ist es ein eher weibliches Verkehrsmittel. Selbst Frauen mit Kopftuch fahren Rad, manche auch mit Kindersitzen und Kind, ein Herr im guten Anzug fährt Rad und alle fahren sehr gemütlich. Hauptsache nicht ins Schwitzen geraten!
Vor der Moschee ist ein großer Fahrradparkplatz, während der Gebeteszeiten bis auf den letzten Platz belegt. Wie kommt es dazu? Diese Stadt ist eng, und ihre Gassen und Straßen sind krumm. Die Straßen sind selbst für europäische Standards gut erhalten und sauber gefegt. Es fehlt der Bordstein, den es sonst in Marokko gibt. Die ganze Straße und der Fußweg sind eben. Das funktioniert, weil tatsächlich fast alle rücksichtsvoll fahren. Taroudant ist eine kleine Stadt, mit 170.000 Einwohnern. Vor allem ist es eine Stadt mit öffentlichem Leben. Überall spazieren Leute, sitzen auf den Bänken, schwatzen und schauen. Sie schauen, wer in die Stadt fährt, wer sie verläßt. Da möchte sich niemand blamieren und schlecht benehmen. Den europäischen jungen Mann, der mit Vollgas und lautem Auspuff durch die Innenstadt prescht gibt es hier nicht. Nicht einmal die Mopedfahrer sind rücksichtslos und auf dem Fußweg – nicht ein Radfahrer. Die in Deutschland üblichen bösartigen Überholmanöver – Fehlanzeige. Alles läuft ganz entspannt ab.
Was Taroudant zum Unglück noch fehlt sind die Parkpätze, die Altstadt hat keinen Platz dafür gelassen. Wenn ein Auto stehen bleibt, bildet sich sofort ein kleiner Stau, an dem sich die RadfahrerInnen vorbeischlängeln.
Warum, erschließt sich mir nicht ganz, aber diese Stadt ist zivilisierter, friedlicher und charmanter als andere Städte in Marokko und Deutschland.