Schon seit Jahrzehnten gibt es immer wieder Versuche politisch linker Menschen und Gruppen, die Mobilität von Menschen mit geringem Einkommen zu verbessern und damit die Einschränkungen in der freien Fortbewegung, die durch geringes Einkommen vorprogrammiert sind, aufzuheben. Bestrebungen für günstige Fahrausweise für Notleidende gab es bereits nach dem ersten Weltkrieg.
Seitdem wurden in vielen Städten und Kreisen Sozialtickets eingeführt, manche davon konnten sich dauerhaft etablieren, andere verschwanden wieder oder wurden von Jahr zu Jahr teurer.
Mit den Hartz-Gesetzen verschlechterte sich die Lage der auf Transferleistungen angewiesenen Menschen dramatisch. Für die Verkehrsleistungen eines ALG II-Beziehenden sind aktuell nur 11,04 € pro Monat vorgesehen. Angesichts der Tatsache, dass in vielen Städten eine Monatskarte das drei- bis sechsfache der veranschlagten Summe nach SGB II und XII kostet, wurde erneut die Forderung nach einem Sozialticket laut.
Ein Sozialticket ist eine Ermäßigung auf Monatskarten oder Einzelfahrscheine, die nach sozialen Kriterien gewährt wird. Für die Nutzungsberechtigten sollte es in der Regel nicht mehr als die Hälfte des regulären Preises kosten.
Die Notwendigkeit eines Sozialtickets ergibt sich aus dem zunehmenden Sozialabbau, der den armen Menschen wenig Raum für die Ausgestaltung ihrer Mobilitätsbedürfnisse lässt. Verschärfend auf die Situation der Betroffenen wirkt auch die zunehmende Privatisierung öffentlicher Verkehrsbetriebe. Sie erschwert eine sozial gerechte Ausgestaltung der Tarife.
Dem wird oft entgegengehalten, dass dieses Problem durch eine Erhöhung des Regelsatzes gelöst werden müsste. Auseinandersetzungen um die Erhöhung des Regelsatzes bzw. die grundsätzliche Veränderung des ALG II-Systems sind jedoch sehr viel schwerer zu gewinnen, und es sieht derzeit auch nicht so aus, als seien die sozialen Bewegungen stark genug, dieser Forderung entsprechend Ausdruck zu verleihen. Das Sozialticket bietet die Möglichkeit, auf regionaler Ebene das Problem schneller und wirksam für die Betroffenen zu lösen.
Nicht zuletzt leisten die Auseinandersetzungen, die im Verlauf des Prozesses der Einführung eines Sozialtickets stattfinden, einen nicht zu unterschätzenden Beitrag für grundsätzliche gesellschaftspolitische Diskussionen. Insofern hat das Sozialticket auch einen partizipativen Aspekt.
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