Artikel zum Sozialticket

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Ohne Fahrschein, ohne Kontakte
Die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben sichern – Sozialticket-Initiativen wollen Mobilität auch für arme Menschen

Von Corinna Genschel

Wer sich keine Fahrkarte leisten kann, ist schlecht dran. Sich mit anderen treffen – Fehlanzeige, wenn sie weiter weg wohnen. Teilnahme an Veranstaltungen – ebenfalls Fehlanzeige, wenn sie nicht um die Ecke stattfinden. Auch die Möglichkeiten, die alltäglichen Dinge des Lebens zu verrichten, sind eingeschränkt. Mobilität ist zentral für das individuelle Wohlbefinden und das gesellschaftliche Zusammenleben. Deshalb versuchen soziale Bewegungen, linke Gruppen und Einzelpersonen schon seit Jahren, die Bedingungen für die freie Fortbewegung aller Menschen zu verbessern und gegen deren Einschränkungen, zum Beispiel durch Fahrgelderhöhungen beim Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), anzugehen. (weiterlesen...

 

Tallinn zum Nulltarif

Als erste europäische Hauptstadt bietet die estnische Metropole ab dem neuen Jahr kostenloses Bus- und Bahnfahren für alle Tallinner.

Von Karl-Heinz Ludewig

STOCKHOLM taz | Die Szenarien könnten unterschiedlicher nicht sein: Ein „öffentliches Transportsystem voll mit übelriechenden Stadtstreichern, das wegen Überlastung endgültig kollabiert", befürchtet der staatliche Rundfunk ERR. Der linke Oberbürgermeister Edgar Savisaar dagegen sieht Tallinn künftig grüner, vom individuellen Autoverkehr entlastet und als leuchtendes Vorbild. Ab dem 1. Januar gilt in der estnischen Hauptstadt der Nulltarif für den öffentlichen Personennahverkehr. Sicher ist auf jeden Fall der unmittelbare Effekt. Die kostenlose Nutzung von Straßenbahnen und Bussen wird die BewohnerInnen mit Niedrigeinkommen spürbar entlasten. Bislang kostete eine Monatskarte 18,50 Euro – für fast jeden Fünften beinahe ein Zehntel seines Einkommens. Offiziell hatten Oberbürgermeister Savisaar und eine Mehrheit des Stadtrats allerdings mit Umwelt- und Verkehrsargumenten geworben. Sie plädieren für eine Trendwende: Der lange vernachlässigte öffentliche Nahverkehr, der nach missglückten Privatisierungen ganz schön heruntergewirtschaftet ist, soll wieder attraktiver werden. (weiterlesen...)

 

Clara - Ausgabe 10

Von Corinna Genschel

Der Erfolg der Dortmunder Sozialticket-Initiative war wie eine Initialzündung für viele neue Aktivitäten in der Region und darüber hinaus. Ein breites Bündnis im Sozialforum hatte dort dafür gesorgt, dass zum 1. Januar 2008 ein Sozialticket eingeführt wurde. Auch wenn nicht alle Forderungen in Erfüllung gingen und das Sozialticket jetzt durch die CDU-Fraktion wieder bedroht ist, haben die Dortmunder Aktivistinnen und Aktivisten gezeigt, dass sich Beharrlichkeit und gemeinsames Engagement vieler Gruppen lohnt. Denn nur so kann sich wirksam Kraft und notwendiger Druck auf Städte, Fraktionen und Parteien entfalten. Mittlerweile gibt es ca. zehn Gruppen in der Rhein-Ruhr-Region. Organisationen, die vorher zögerten, schlossen sich den Bündnissen an. So hat beispielsweise die Unterstützung des DGB für die Bochumer Initiative weitere Gruppen überzeugt, sich dem Bündnis anzuschließen. (weiterlesen...)

 

Clara - Ausgabe 8

Der lange Weg zum Brandenburger Sozialticket

Von Kirsten Tackmann, Anita Tack

In die Sprechstunden unserer Wahlkreisbüros kommen wöchentlich Bürgerinnen und Bürger, die ihre Sorgen und Probleme auf »unseren Tisch« legen. Das Reden darüber hilft mitunter schon - doch ihre Hoffnungen sind meist verbunden mit der Aufforderung: DIE LINKE muss sich doch kümmern.

Szenen wie die folgende sind keine Seltenheit: Familie S. lebt von Hartz IV und hat zwei schulpflichtige Kinder. Die siebenjährige Anna spielt gerne Klavier. Einmal in der Woche fährt sie zum Unterricht nach Perleberg. Die einfache Busfahrkarte gilt nur eine Stunde und kostet 80 Cent. Annas Bruder Leo trainiert Fußball. Auch er fährt mindestens einmal pro Woche in die Stadt. Schnell kommen so 25 bis 30 Euro im Monat nur für die Fahrten der Kinder zusammen. Rentnerinnen und Rentner sowie Geringverdienende, die von der Grundsicherung leben müssen, haben das gleiche Problem. Fahrkarten sind für sie oft nicht zu finanzieren. Ein Sozialticket zum halben Preis wäre die Lösung, so wie es die Vertreterinnen und Vertreter von Bürgerinitiativen, Verbänden und linke Parlamentarier von Bund und Ländern Ende Januar diskutierten. »Clara« berichtete darüber. (weiterlesen...)